Annette Dietrich, Vorstandsmitglied, begrüsst Markus Ruppenthal an der GV vom 7.5.2025. Markus war FGC-Koordinator für “Youth Justice” und “Care & Protection” Konferenzen und Social Services Professional aus Aotearoa/Neuseeland, hat über 20 Jahre in Neuseeland und dem Pazifikraum gearbeitet und ist heute bei der Heilsarmee Kanton Zürich tätig als Institutionsleiter eines Wohnheimes für Menschen mit physischen, psychischen oder Suchtproblemen. Markus Ruppenthal stellt sich vor und schildert, was ihn nach Neuseeland geführt hat. Nach einem Jahr Arbeit beim Sozialamt hat er bereits als FGC-Koordinator gestartet. Er schildert die grössten Unterschiede der Konzepte von Neuseeland und der Schweiz und zeigt auf, dass in Neuseeland die FGC stark in den kulturellen Kontext eingebettet sind. So wird beispielsweise jede Konferenz mit einem Ritual (karakia) eröffnet, das auf te reo Maori gesprochen wird. Auch stammen 80% der Klient*innen stammen aus Maori-Familien. FGC sind in Neuseeland eingebettet in den juristischen Prozess, was für das Gelingen und für die Anerkennung der FGC von grosser Bedeutung ist. Es ist verpflichtend, eine FGC anzubieten, so gibt es auch keine Debatte über deren Sinnhaftigkeit. In der Bevölkerung ist ein grosser Konsens vorhanden, dass FGCs zu gesellschaftlich tragfähigen Lösungen führt. Es besteht eine grosse Diversität von Koordinationspersonen, Pastor*innen zählen genauso dazu wie ehemalige Polizeibeamt*innen. Auch ist eine grosse Altersspanne zu verzeichnen, die sich von 20-70 Jahre erstreckt. Noch wichtiger als die fachlichen Voraussetzungen wird gewertet, dass die Personen den Zugang zu den Klient*innen einfach gestalten und rasch eine Vertrauensbasis aufbauen können, darum sind sehr bewusst unterschiedliche Ethnien vertreten. FGCs werden sowohl im Kontext des Kindsschutzes als auch im Jugendstrafrecht durchgeführt. Im Bereich des Jugendstrafrechts ist jeweils auch der Justizbereich vertreten, was bedeutet, dass sich die Polizei oder die Staatsanwaltschaft (in besonders schweren Fällen) mit einbringen. Ebenso können auch Opfer, wenn gewollt, teilnehmen. Sie können ihre Sicht direkt einbringen und den ausgearbeiteten Plan akzeptieren oder gar ablehnen. Auch im Opferschutz und im Täter-Opfer-Ausgleich werden FGCs genutzt. Markus schildert dies als einen Prozess in dem auch das Opfer den Täter «sehen» und wahrnehmen kann. Bereits ein ungeborenes Kind hat in Neuseeland Anrecht auf eine FGC, bspw bei Überforderung der Eltern oder wenn Geschwister bereits als gefährdet eingestuft sind. In der Jugendgerichtshilfe werden FGCs für Kinder von 10-18 Jahre angeboten, wobei bei Betroffenen zwischen 10-13 Jahre entschieden werden kann, ob die FGC im Kontext des Kindesschutzes oder Jugendstrafrechts angeboten wird. Die gesetzliche Verankerung sieht Markus Ruppenthal als wichtigen Meilenstein. Die Frage nach weiteren nützlichen Wegen für die Implementierung beantwortet er mit der Empfehlung, Kantone und kantonale Ämter dazu zu gewinnen, in Familienräte zu investieren, da es von offizieller Ebene her leichter fällt, die Idee des Familienrats zu transportieren. Zudem weisst er darauf hin, dass die Durchführung eines Familienrats stets mehr Arbeit bedeutet als in konventionelle Sozialarbeit zu investieren. Die Familienzeit schätzt Markus Ruppenthal als schützenswertes Kernelement ein, das unangetastet bleiben soll. Dabei gelten die Grundsätze: Mit wem sie (die Famiie) wollen und solange sie wollen. Das Ergebnis, der Plan, der darin erstellt wird, muss vor allen Dingen der Familie/ den Betroffenen dienen und keinen formellen Aspekten der Auftraggeberschaft entsprechen. Auch in Neuseeland kommt der Auftrag immer von einer Behörde, darum kann Markus Ruppenthal die Frage nach anderen Anlaufstellen, die in der Schweiz Familienräte initiieren sollen, nicht konkret beantworten. Er erwähnt den Opferschutz die das Konzept des Familienrates in abgeänderter Form nutzen. Aber auch dies sei eine halbstaatliche Institution. Die Aufträge kommen weder aus dem privaten Sektor, noch von NGOs. Familienräte haben sich eingebürgert und etabliert und sind fast ausschliesslich im Regierungssektor beheimatet. Abschliessend spricht Markus Ruppenthal sein Dankeschön aus. Er schätzt es, dass das Verfahren in der Schweiz so leidenschaftlich vorangetrieben wird und ist gerne bereit, den Verein FamilienRat Schweiz weiterhin zu unterstützen. Die Zusammenfassung des Gespräches mit Markus Ruppenthal ist nicht abschliessend. Die Inhalte wurden am 07.06.2025 per Email bestätigt. |